Außenperspektive
Pflanzenschauhaus _ Innenperspektive
Vogelperspektive
Axonometrie
Längsschnitt
Fassadenschnitt
Insel Mainau _ Lageplan
Realisierungswettbewerb / 2021
3. Preis
Königs Architekten Köln: Ulrich Königs, Ilse Königs, M.Sc. Robert Gierens, B.Sc. Finn Gundermann, Dipl.-Ing. Laura
Harzheim, B.Sc. Viola Königs, M.Sc. Dale Leith, B.Sc. Ponraj Mohan, B.Sc. Baraa Shareet, B.Sc. Sebastian Steenbock
Die Insel Mainau ist ständig im Werden
Die ständige Transformation ist das Prinzip der Natur, ein jahreszeitliches und lebenslanges Werden und Vergehen ist selbstverständlich und notwendig. Auf der Insel Mainau ist dies erlebbar und soll konzeptionell auch auf die bauliche Entwicklung übertragen werden. Vergängliche Provisorien stellen demzufolge keinen baulichen Mangel dar, sondern sind eine resiliente Adaption mit eigenständiger Ästhetik. Zu jedem Zeitpunkt erscheint die Insel als fertig, Zwischenzustände werden nicht als defizitär betrachtet sondern sind Bestandteil einer systemimmanenten Logik.
ZUKUNFT
Flexible Programmierung – Bauen in der Loft-Logik
Es stehen dynamische Veränderungsprozesse an, die wir beim Bauen strategisch voraussehen müssen.
Die bestehenden Gebäude werden hinsichtlich ihres Umnutzungspotentials untersucht und vorzugsweise
nicht abgerissen. Die Neubauten werden typologisch neutral betrachtet, so daß eine geänderte Nutzung
im Bedarfsfall wie bei einem Loftgebäude mit relativ geringem Aufwand bewerkstelligt werden kann.
Die Parkhausflächen werden beispielsweise irgendwann funktional nicht mehr in dem Umfang benötigt und könnten baulich zu einem Bio-Kraftwerk umgenutzt werden, die Anzuchthäuser werden vielleicht zu
Lernorten.
LERNEN
Werte erkennen und vermitteln – Staunen, Lernen, selber machen
Die Insel Mainau wird zu einem begehbaren Laboratorium im zukünftigen Umgang mit natürlichen
Ressourcen. Der bisher verborgene Backstage-Bereich der Insel wird in Teilen zu transparenten
Erlebnisorten einer gläsernen Produktion, denn klimaneutrales Handeln macht Spaß!
Dabei entfaltet sich eine ‚Ästhetik des Tuns‘, der verschiedene Herstellungsprozesse und des ‚Sich-
Entwickelns‘. Neben den Jahreszeiten, werden auch die Lebenszyklen der Pflanzen als ausstellungswert
betrachtet, also weitere Ebenen, die über die reine Blütenpracht hinaus gehen. Der Gegenstand der
Konzeption geht von der Samenproduktion bis zur Kompostierung über alle Zwischenstufen.
Die Anstrengungen zur Klimaneutralität werden sichtbar gemacht und dem Besucher in vielfältiger Form
vermittelt. Ein – „Was geht mich das an?“ – Denken verändert sich in ein staunendes Lernen.
„Sage es mir, und ich werde es vergessen. Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten. Lass es
mich tun, und ich werde es können.“ *) Konfuzius, * 551 v. Chr.
VERNETZUNG
Rhizomatische Strukturen – Cradle to Cradle durch Selbstorganisation
In der Natur werden die Teilhaber nicht hierarchisch nach einem Top-Down-System organisiert, sondern
sind rhizomatisch*) auf komplexe Weise miteinander vernetzt. Das bauliche System der Insel agiert auf ähnliche Weise: Energie wird an einer Stelle erzeugt und an anderer Stelle verbraucht; dort wird produziert, was anderswo konsumiert wird und Abfall erzeugt, der wiederum Energie an anderer Seite erzeugt – cradle to cradle beginnt von neuem. Die ikonographische Aussichtsturmspirale am Inseleingang vermittelt dieses „Wunder der Natur“ als modernes Vorbild einer resilienten Kreislaufwirtschaft. *) Gilles Deleuze/Félix Guattari, Tausend Plateaus.
ANPASSUNG
Verschmelzung von Innen und Außen – Inszenierung von Naturerlebnissen
Wir verlassen die dialektische Gegensätzlichkeit von Gebäude und Natur zu Gunsten eines
verschmelzenden Ganzen. Die topographischen Gegebenheiten und die programmatischen Vorgaben
eignen sich dazu, vielerorts eine hybride Typologie zu entwickeln. Das Hotel verschmilzt zu privaten
Räumen im Hang, die klassischen Gewächshaus-Typologien (Kew Gardens, Laeken, etc.) werden in eine
begehbare Plattform eingelassen. Die Einfachheit und klassische Lesbarkeit der Gebäudeformen und
-konstruktionen stehen nicht im Widerspruch zu einer szenografischen Ausdrucksform.
BAUEN
Markant durch Unscheinbarkeit
Um ein möglichst grünes Bild der Insel zu erzeugen, bildet die topografische Einbettung der Baukörper
eine übergeordnete strategische Zielsetzung für alle baulichen Eingriffe.
Die neuen Gebäude auf der Mainau orientieren sich am Höhensprung des Geländes nördlich des
Arboretums. Zum Inselinneren hin schmiegt sich der neugestaltete Bereich an den vorhandenen Weg und
an die Hangkante. Nach Norden hin präsentiert sich die neue Magistrale als lineares Element, das sich
zwischen dem neuen Schmetterlingshaus und dem Schaugewächshaus mit dem Indoorspielplatz
erstreckt. Gleichzeitig entsteht auf der Nordseite der Gewächshäuser ein Dienstweg für betriebliche
Abläufe. Das gewohnte Panorama der Insel, aus Litzelstetten betrachtet, ist nach wie vor durch die dichte
Vegetation am Nordufer der Insel geprägt: Hier schauen lediglich die Kuppeln des neuen
Schaugewächshauses aus dem Hang heraus, überragen in der Höhe jedoch nicht das obere Plateau der
Insel.
INSELLANDSCHAFT
Saisonale Gärten
Neben den Vorschlägen für die bauliche Ergänzung auf der Insel bietet der Entwurf mehrere neue,
landschaftliche und pädagogische Erlebnisse: Von der Metasequoia-Allee abgehend ist ein “Heidepolster”
kissenförmig angeordnet. Dort wird der Bestand aufgenommen und weiterentwickelt. Ein neuer
Besucherweg nimmt den Pfad der saisonalen Gärten auf und umschließt diesen in einem Oval. In dessen
Mitte liegen Versuchs- und Sichtungsgärten, die die wissenswerte Entwicklung neuer Sorten präsentieren,
sowie Wassergärten, die die Lage am Bodensee thematisieren.
Das Oval bildet den Übergang zum Schmetterlingshaus und der neuen Magistrale mit der gläsernen
Manufaktur, mit Sichtbeziehungen zu den Anzuchtflächen und dem neuen Schaugewächs- und
Veranstaltungshaus. Der abwechslungsreiche Besucherpfad entlang der Magistrale ist hier jedoch nie
geradlinig. Je nach Jahres- und Wachstumszeit ergibt sich durch den Pflanzkalender und die damit
verbundenen gärtnerischen Tätigkeiten ein nie gleichbleibender „Zick-Zack-Besuch“ entlang der
‚gläsernen Produktion‘, sowohl in den Häusern wie auch im Freien. Der Pfad transformiert die Magistrale
zu einer mäandrierenden Entdeckungsreise durch eine vielfältige Pflanzenwelt.
Neben den weiten Anzuchtflächen mit ihrer großzügigen Dimensionierung, die eine wirtschaftliche
Bearbeitung ermöglichen, entstehen immer wieder kleinere, differenzierte, gärtnerische Momente, und
somit ein Rahmen für Biodiversität und Vielfalt. Zwei neue, gastronomische Angebote entlang der
Magistrale, ein Restaurant mit Küchengarten und der Biergarten Midsommar, ergänzen das bisherige
Angebot auf der Insel.
PFLANZENSCHAUHAUS
Exotische Orte
Die begehbare Dachlandschaft bettet das Gebäude in die Topographie ein und wird zu einer
eigenständigen Attraktion. Die spektakulären gläsernen Kuppeln lassen sich von dort durchschreiten, so
daß man sich unversehens auf einem Baumwipfelsteg durch die üppige Fülle exotischer Pflanzen
befindet. Die gläsernen Kuppeln werden von einer Primärkonstruktion aus parabelförmigen
Holzleimbindern getragen, die begehbare und bespielbare Dachlandschaft besteht aus einer
eigenständigen Betonkonstruktion. Auf der unteren Ebene bildet das Pflanzenschauhaus den Zielpunkt
der Besuchermagistrale entlang der „Gläsernen Produktion“.
Es sind zwei verschiedene Klima- und Vegetationszonen vorgesehen: Eine Tropenwelt und eine
subtropische Himalaya-Bergwelt, die sich in die Inseltopographie szenisch einbettet.
Die enge räumliche Verzahnung der unterschiedlichen Programmzonen lassen in Kombination mit dem
Restaurant und dem Veranstaltungshaus vielfältige Nutzungsszenarien möglich erscheinen.
VERANSTALTUNGSHAUS
Einzigartige Gesellschaftsereignisse
Die Location auf der Insel an sich ist schon einzigartig. Die Voliere im Eingangsbereich mit tropischen
Vögeln sowie die innere Vegetation verzahnt sich mit der zweigeteilten Holz-Glaskuppel und den
angrenzenden Tropenhäusern zu einem unvergesslichen Ort. Eine Teilbarkeit ermöglicht verschiedene
Veranstaltungsgrößen (max. 250 oder max. 500 Plätze) und die Kombination mit dem zuschaltbaren
Restaurant läßt verschiedene Nutzungsszenarien mit einem flexiblen Catering-Management zu. Im
Deckenring des Besucherdecks in sieben Metern Höhe wird die notwendige Raumlufttechnik der
Versammlungsstätte integriert.
HYBRID – KONSTRUKTION
Parabelförmige Tragschalen aus Holz
Das Pflanzenschauhaus sowie das angrenzende Veranstaltungshaus wird mit bogenförmigen
Brettschichtbindern überwölbt und verglast. Die CNC-Technologie ermöglicht hier 100%ige
Vorfertigungsgrade mit millimetergenauen Toleranzbereichen. Mit der entsprechenden Holzauswahl (kein
Tropenholz), fachgerechter Verbindungstechnologie und guter Be- / Ablüftung der Querschnitte ist eine Verwendung im Pflanzenschauhaus problemlos möglich und nachhaltig. Das Besucherdeck in sieben
Metern Höhe wird, u.a. aus Brandschutzgründen, als Betondecke ausgebildet, die auf freistehenden
Betonrundstützen und auf Stützen im Fassadenbereich ruht. Das Besucherdeck aus Beton ist konstruktiv
von den Holzkuppeln getrennt. Alle Lasten aus den Konstruktionselementen werden in Punkt- / oder
Streifenfundamente abgeleitet.